KI - künstlich aber nicht wirklich intelligent

Das Universum erlaubt keine Perfektion

Stephen Hawking

James Cameron hatte diese Vision einer Welt, die von Maschinen beherrscht wird. Lassen wir mal die Terminatoren beiseite und fokussieren uns auf den Kernthese im Film. Danach entwickelt das künstlich intelligente neuronale Gruppengehirn Skynet am 29. August 1997 – einen Tag nach meinem 30. Geburtstag – ein eigenes Bewusstsein. Der rest ist Filmgeschichte. Lauschen wir den aktuellen Diskussionen, bewegen wir uns zwar nicht auf einen durch Maschinen ausgelösten Atomkrieg, aber zumindest auf deren Machtübernahme zu. Wir übergeben unser gesamtes Wissen und Schaffen der Cyber-Intelligenz.

Die Frage in diesem Artikel ist nicht so sehr, wie es dazu kommen konnte – das ist klar. Die eigentliche Problematik, um die es hier gehen soll ist simpel: Was macht uns glauben, dass das alles wunderbar funktionieren wird? Warum glauben alle, dass Maschinen alles besser und demnächst alles für uns erledigen? Und was machen wir in der Zwischenzeit?

Vorhang auf für die schöne neue Welt der KI. Die große Revolution, die unser Leben für immer verändern wird. Zunächst einmal kann ich als GenX-Typ mit Großvater-Timbre und aus tiefstem Herzen sagen, dass ich das schon diverse Male gehört habe. Als Computer verständlich und nutzbar und von Exklusiv-Spielzeug für Nerds zu wirklich coolen Tools wurden. Als Photoshop uns alle zu Fotografen machte und Quark XPress uns Layout-Power gab.

Als die digitale Aufnahme Einzug in die Studios hielt und wir Songs nicht mehr zehnmal spielen mussten, bis alles perfekt war. Und natürlich, als auf einmal Information im Netz stand und digitale Kommunikation global und nach gerade mal zehn Jahren mobil wurde. Auf tragbaren Telefonen, die meinen ersten Apple wie einen Lada aussehen ließen.

Hat das die Menschheit verändert? Auf jeden Fall. Hat es unsere Wahrnehmung von Qualität verändert? Oberflächlich gesehen ja. Zugleich aber nicht so sehr, wie viele denken. Auf jeden Fall haben viele Grafikdesigner, Fotografen und Studiomusiker ihren Job verloren oder sich von vornherein für eine andere Karriere entschieden. Weil sie mit wachsenden Bibliotheken und Tools konkurrieren mussten, die von Jahr zu Jahr besser wurden.

Und weil immer weniger Auftraggeber Handwerk, sondern billige schnelle Lösungen wollen. Qualität ist dabei eher Nebensache.

Höher, schneller – weiter?

Die Frage ist, hat das die Produktion verbessert? Vielleicht. Es hat die Produktion jedoch definitiv billiger gemacht und dem Agentur-Kunden mehr Macht verliehen. Aber es hat auch die Qualität perforiert, weil zu viele Leute ohne Ausbildung oder Ahnung über Nacht handlungsfähig wurden. Und das war noch vor der KI. Heute stehen wir vor einer Technologie, die alles tut. Ohne dass jemand mit Funktionen, Maus-Techniken und Skripten steuern muss. Wie müssen nur noch einen Wunsch äußern und schon erscheint das Resultat wie von Zauberhand. So das Versprechen auf der Verpackung.

Bevor ich falsch verstanden werde: Ich nutze selbst KI. So wie ich Photoshop, Quark XPress, ProTools und LogicPro erlernt und genutzt habe. Und ich habe viel Spaß mit KI, zum Beispiel an den neuen Tools und Bild-Bearbeitungs-Funktionen in Photoshop. Von Frameworks für strategische Texte bis zur komplexen Kalkulation per Formel – es gbt viel Hilfe und viel schnellere Helferlein und das ist gut so. Aber zurück zur Kreation. Trotz all der schönen neuen Tools ist wie immer dennoch Vorsicht, Bescheidenheit und Ehrlichkeit gegenüber sich selbst geboten. Bis wohin gestalte ich selbst, ab wann gestaltet die Maschine und warum sollte deren Machwerk das neue Maß aller Dinge sein?

Das Handwerk habe ich zumindest so weit gelernt, dass ich weiß, was ich und damit die Maschine kann. Vor allem aber, was wir auch zusammen nicht können und ab wann ich einen Profi brauche. Für alle zeitraubende Recherche und strategische Ordnung kann ich KI nutzen und sogar Qualität erzeugen. Indem ich Prompts entwerfe, um gute Informationen, Strukturen oder im Design Moodboards zu erhalten. Indem ich Frames nutze, mit Fragestellungen und Informationen füttere und so in Sekundenschnelle viel Arbeit erledige, die mich sonst Tage kosten würde. Aber kann ich dem Ding vertrauen? Nein. Was immer zurück kommt, geht in Prüfung und wird nicht per erleichtertem Swish in die Welt gesetzt. Das Ding denkt nicht. Wir schon.

Zunächst einmal gilt es zu verinnerlichen, dass KI derzeit noch nicht wirklich intelligent ist, sondern kopiert, sammelt und gegeneinander abwägt. Sie läuft sicherlich mit unzähligen Filtern, Routinen, Logiken oder neuronal anmutenden Programmierungen und liefert oder entwirft, wonach auch immer man gesucht hat. Aber täuschen wir uns nicht: KI reproduziert vorhandene Inhalte, die sie gefunden hat, und das noch nicht mal besonders gut. Sie ist weder innovativ noch liefert sie gute Qualität – es sei denn, man hat das Fachwissen oder das Geld, um Daten-getriebenes Fachwissen über teure Tools und Rendering-Prozesse  zu erzeugen und anzuwenden.

Stichwort teuer Tools und Machine-Learning: Wir haben schon seit geraumer Zeit mit KI zu tun, nur dass sie nicht unter diesem Namen betrieben wurde. Die Journalistin Carole Cadwalladr hat das seinerzeit aufgedeckt, indem sie offenlegte, was Cambridge Analytics im politischen Prozess in Großbritannien und den USA getan hat: Daten sammeln, Algorithmen und politische Inhalte erstellen und diese dann in die Timelines der Menschen hämmern. Dafür wurde sie angeklagt und von Seiten der Daten- und Polit-Lobbies mit einem unglaublichen Shitstorm überzogen.

Die Intelligenz frisst ihre Kinder

Informationen sammeln, Inhalte erstellen, massenhaft kommunizieren. Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau das ist es, was KI tut. Und mehr noch: Wir scheinen resigniert akzeptiert zu haben, dass Twitter mittlerweile ein von Bots verseuchtes Propagandainstrument ist. Ein Overflow an politischer Agenda, Falschinformationen, Verleumdungen und Hetze, die jetzt unter „Nachrichten“ firmieren. Die Menschen wie Fastfood konsumieren und auf deren Grundlage Entscheidungen treffen. Währenddessen versuchen die Informationsrebellen unter uns herauszufinden, ob sie mit bezahlten Demagogen oder Bots diskutieren. Letztere haben nicht nur X übernommen, sie sind auch in Chats eingestiegen. Dort diskutieren und propagieren sie nicht nur politische Ideologien, sie argumentieren auch für Marken und Produkte. Mit Menschen, die das bislang noch nicbt wirklich realisieren.

Das ist der Kernaspekt des  Informationszeitalters: Maschinen haben Zugriff auf alle Daten und staatliche Kontrollsysteme (weshalb Musk so unverschämt viel Geld für einen Trottel wie Donald Trump ausgibt). Und Maschinen beginnen, Daten auszuwerten und zu bewerten. Carole Cadwalladr nennt es einen repressiven Motor in einem Staat, der letztendlich zu einem techno-autoritären Überwachungsstaat werden wird – oder bereits ist. In diesen Tagen durchleuchten die USA Facebook-Konten um festzustellen, ob ausländische Bewerber den MAGA-Test bestehen, der Zugang zu einer amerikanischen Universität ermöglicht. Das und viel mehr macht Peter Thiels Palantir mit den Daten, die DOGE gesammelt hat.

Auf wissenschaftlicher Ebene sieht es kaum besser aus. Hier stellt sich eine essentielle Frage: Von wem soll eine künstliche Intelligenz eigentlich lernen? Eine KI produziert ständig neue Inhalte, die durch schlechte Prompts initiiert wurden und auf nicht verifizierten oder eben falschen Informationen beruhen. Damit aber verschmutzt sie das eigene Biotop und den eigenen Gen-Pool. Im Grunde nichts anderes als Daten-Kannibalismus, eine Art digitale BSE. Auch damals fand man erst spät heraus, dass man Rindern nicht ihre eigenen zu Proteinen verarbeiteten Leichenteile verfüttern sollte. Das ist keineswegs polemisch gemeint: Was kann eine Intelligenz lernen, wenn der Lernstoff nicht intelligent, sondern Eigenproduktion ist? Und was bitte soll daraus entstehen?

Wohl auch deshalb gibt es Firmen wie Scale Ai oder Scurge AI. Diese stehen hinter bzw. unter dem bunten Hype um ChatGPT und Co. Diese  Firmen labeln und kuratieren jene Daten, mit denen alle großen AI-Modelle gefüttert und trainiert werden. Eine verhältnismäßig sehr einfache Aufgabe, die nur Menschen machen können. Dazu arbeiten diese Unternehmen mit tausenden Auftragnehmern, oft Freelancern, zusammen:

– Im Data-Labeling markieren Menschen Bilder, bewerten Texte, korrigieren AI-Outputs
– RLHF (Reinforcement Learning from Human Feedback) bringt AI-Modellen bei, was „gut“ und was „schlecht“ ist
– Quality Control sorgt dafür, dass AI-Training-Daten hochwertig und nicht voreingenommen sind

Und das ganze ist nebenbei ein lukratives Geschäftsmodell. Zu Tausenden werden junge Leute aus dem College angesprochen, um Daten zu kategorisieren. Eine Art Fertigungsfließband in einer virtuellen Fabrik, deren Endprodukt dann für das 2-fache an OpenAI & Co. weiterverkauft wird. Schöne neue Welt.

Ist das Kunst oder kann das weg?

In ihrem Buch Delphin-Strategien fragen sich Dudley Lynch und Paul Cordis, was kommt nach ständiger Innovation (die man sich als eine immer schneller werdende Frequenz von Sinus-Amplituden vorstellen muss)?. Ihre These: Die Wiederkehr von Erfindungen. Kennen wir so von der Musik, die irgendwann innovativ ausgeblutet war. Die heutigen Charts bestehen bereits zu einem guten Teil aus geliehenen Kompositionselementen. In der Mode sieht es ähnlich aus. Bei Diplomarbeiten inzwischen auch.

Welche Innovation aber soll eine KI liefern, wenn sie noch nicht einmal intelligent ist? Soll sie das überhaupt? Oder sind die realen Daten den Lamborghinis unter den AI-Rechnern, ihren Codern und den Investoren vorbehalten, während das Fussvolk recycelten Datenabfall in einer Art KI-McDonalds inhaliert? Nicht Religion, sondern KI ist dann Opium, bzw. geistige Vollwerternährung für das gemeine Volk. Dafür spräche auch die Tatsache, dass der südafrikanische Mars-Entdecker und Hobby-Anthropologe Elon Musk in einer seiner X-Verlautbarungen die vollständige Umschreibung der Geschichte per X-AI angedroht hat. Eine intelligente Umarbeitung unserer Menschheits- und Kulturgeschichte. Neu definiert durch ebenjene Techno-Oligarchen, die in dieser schönen neuen Welt mitsamt ihren politischen Gönnern darüber entscheiden, was Kunst oder Kultur, was politisch opportun ist und was nicht. Von wahr und unwahr wollen wir in diesem Zusammenhang gar nicht mehr reden.

Auf kommerzieller Ebene sehen wir die gleichen Tendenzen. SEO-Guru Jono Alderson beschreibt in einem seiner brillanten Artikel eine maschinengesteuerte digitale Realität und eine nicht allzu ferne Zukunft. Dort erkunden Nutzer nicht mehr nur das Internet, um Suchergebnisse zu scannen oder Bewertungen zu vergleichen. Stattdessen delegieren sie die Entscheidungsfindung an künstlich intelligente Vermittler. Diese Systeme nehmen eine Frage entgegen, bewerten die Lage und liefern ein einziges Ergebnis – eine Antwort, ein Produkt, eine Entscheidung.

Das bedeutet, Inhalte werden zunehmend nicht mehr nur für Menschen erstellt, sondern für Systeme. Diese neuen Inhalte werden nicht mehr direkt gesehen, sie werden analysiert, zusammengefasst und an anderer Stelle neu verpackt. Laut Anderson treten wir in ein grundlegend anderes Paradigma ein, in dem intelligente Systeme vermitteln, wie Menschen Marken entdecken, bewerten und mit ihnen interagieren. Gleichgültig, ob es sich um ein LLM handelt, das Antworten zusammenfasst, einen KI-Assistenten, der Empfehlungen ausspricht, oder einen multimodalen Agenten, der Käufe erleichtert. In der neuen digitalen Erlebniswelt werden Websites nicht mehr von Kunden durchsucht. Es sind die Systeme. die die Entscheidungen treffen.

In diesem neuen Szenario stehen Händler und Verkäufer jetzt Maschinen gegenüber, die sowohl Marketing als auch Kaufentscheidung übernehmen. Was früher ein Wettbewerb um Sichtbarkeit war, wird in diesen Tagen zu einem Kampf um Inklusion.

Und das führt uns zurück zur täglichen KI-Hysterie im Marketing. Auf LinkedIn werden mittlerweile GPT Prompt & Frame Charts für Digital-Jobs und Jobsuche in einer Frequenz gepostet, die an Bieter-Schlachten in den Echtzeit-Börsen der Bannerwerbung zur Prime-Time erinnert. Und während die Mehrzahl der Nutzer und Experten der Maschinen Herr zu werden versuchen, erfinden einfachere Gemüter wie der amerikanische Präsident nicht nur alternative Fakten, sondern Titel und Dauer für einen Krieg, der noch nicht mal beendet ist. Und schicken das in den sozialen Äther, der diesen Unsinn milliardenfach reproduziert.

Es gibt keine Langsamkeit in der Entwicklung mehr. Dafür gibt es Lösungen für Probleme, die nicht mal ansatzweise erkundet wurden. Und das ist das eigentliche Problem: Wir denken nicht mehr, es wird für uns gedacht. Der Unternehmer Mikael Pawlo fasst diesen Zustand in düstere Worte: Diese neue Version des Internets wird nicht mehr offen sein. Sie wird personalisiert, vorhersehbar und geschlossen sein. Das Internet der Zukunft wird man nicht mehr durchsuchen können. Man geht nicht mehr hin – es kommt von selbst zu einem. Zusammengefasst, bewertet, kommentiert und an persönliche Vorlieben angepasst. Und wie gesagt immer öfter auch bevor man überhaupt danach fragt.

Das Internet ist tot, es lebe das Internet

Aber zurück zur KI für den Laien. Ja, KI-gesteuerte Techniken werden immer besser, keine Frage. Dennoch muss ich ein ausgebildeter Designer, Fotograf oder Produzent sein um zu erkennen, wo AI-Kreationen langweilig oder geradezu falsch werden. Um einzugreifen und gesunden Menschenverstand, menschliches Wissen oder einfach nur Menschlichkeit anzuwenden.

Die Berliner Agentur Jung von Matt Spree hat für die Getränkemarke Spreequell mit „Trink dir Berlin bergig“ die erste vollständig KI-generierte Werbekampagne Deutschlands erschaffen. Im knallbunten Spot finden sich Szenen, wie der Berliner Fernsehturm im Alpenpanorama oder die durch Berglandschaften rasende Berliner U-Bahn. In diesem surrealen Pop-Art-Design, klassisch kaum bezahlbar zu produzieren, wurden visuelle Inhalte, Voice-Over und Sprecherstimmen allesamt mittels generativer Künstlicher Intelligenz erzeugt.

Wir werden mit künstlichen Kreationen bombardiert, die alles andere als natürlich aussehen oder klingen. Dazu verdauen wir Informationen, die nicht nur einfach zusammengetragen wurden, sondern oft und gerne auch erfunden sind. Von Idioten, die sie ins Internet stellen und einer KI, die sie nicht erkennt und überprüft, weil die Jungs am Datenfliessband mit der Arbeit nicht hinterher kommen. Oder selbst erzeugt hat, so wie man auch einen Bot programmiert. Auch hier gibt es offenbar die gleichen Preis- und Qualitäts-Unterschiede wie bei Chat- und Service Bots. Und es gibt komplett beabsichtigte Diskrepanzen oder Bevorzugungen in der Informationsbereitstellung.

Apropos: Ab jetzt diskutieren wir nicht nur über die vollständige Automatisierung kreativer, sondern auch staatlicher Dienstleistungen. Genau: Beratung, Hilfe, Entscheidungen., Sozial- und Gesundheitswesen. Mit einem solchen Maß an Unmenschlichkeit und offensichtlichem Mangel an Tiefe, Qualität und Realität? Das muss ein Scherz sein. Ist es aber nicht.

Kehren wir daher zurück zu Frau Cadwalladr und ihrer Sicht des politischen und sozialen Hypes bezüglich KI: Es ist Bullshit. Es ist nicht unvermeidlich – und wir können es stoppen. Wenn wir unseren Sinnen vertrauen. Gut, schwer vorstellbar in Zeiten, in denen Menschen blindlings auf eine stark befahrene Straße laufen, weil sie auf ihr Handy starren. Und vielleicht ist es das auch. Aber was ist dann das Ergebnis?

In der Krise liegt die Chance

Vielleicht – wahrscheinlich – ertrinken wir in einem Meer mittelmäßiger künstlicher Inhalte. In diesem grauen Schlamm aber werden wir die menschlichen Schöpfungen wieder besser erkennen können. Und wir können nach handgemachte Qualität suchen, finden und sie genießen. So wie wir essen, während die Kids vor kalten Tellern sitzen, weil sie ihr tolles Abendessen mit der Welt teilen müssen anstatt zu essen. Oder sich künstliche Dance-Loops mit kopierten Melodien aus den 80ern und 90ern an reinziehen, weil das KI-Ding keinen innovativen Chart-Hit komponieren kann.

Also – bin ich gegen KI? Nicht im Geringsten. Ich nutze sie und finde sie cool. Genauso wie ich es genieße, zu Soundbytes Schlagzeug zu spielen und daraus selbst Songs zu produzieren. Exakt: Spielen. Drumloops kann man programmieren. Man kann sie aber ganz einfach zum Grooven bringen, indem man sie selbst spielt. Ja, das geht. Ist Arbeit. Handwerk eben.

Was ich zutiefst verabscheue ist der ständige und zunehmend fanatische Hype der Techno-Jünger. Als begänne morgen eine Zukunft ohne Vergangenheit. Dazu die freudig erregten Vorhersagen, dass Maschinen demnächst die Macht übernehmen und Cyberdyne inklusive Terminator-Brigade den Planeten beherrschen. Nochmal: Blödsinn. Maschinen brauchen Bediener, Software braucht Experten, die erlernte Techniken und Handwerkskunst einsetzen. So hat sich die Menschheit entwickelt und so haben sich die Dinge verbessert – durch Innovation, nicht durch Reproduktion. Wie gesagt, das Ding kann nicht denken. Noch lange nicht.

Deshalb ist KI zunächst mal eine wunderbare Sache um Zeit zu sparen. Kreativ aber führt sie uns nirgendwohin. Außer zu künstlich aussehenden Bildern oder Texten, die sich lesen, als hätte der Steuerberater Ihren Lebenslauf geschrieben. KI ist ein Werkzeug. Sie ist der Weg, aber weder die Antwort noch das Ziel. GPT-Fans können da noch so sehr mit intelligenter Automatisierung prahlen. Es bleibt dieTatsache, dass in absehbarer Zeit nichts das menschliche Gehirn ersetzen kann und wird. Genauer gesagt, Emotionen und emotionale Entscheidungen. Deswegen spricht man in der Automatisierung von Robotik. Alles andere ist Mumpitz.

In denke, also bin ich

Wir können Techniken und Handwerkskunst erlernen und sollten das weiterhin tun. Denn: Die endgültige Qualität ergibt sich aus unserer persönlichen Interpretation, Erfahrung und Entscheidung, welche Technik wann und wie eingesetzt wird. Oder auch nicht. Das liegt daran, dass wir bei der Arbeit wie im Leben (und in der Küche) viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus treffen. Diese Entscheidungen sind in Wirklichkeit unser Verstand in Verbindung mit unserem Geist. Oder einfacher: Die Hirnforschung hat bis zum heutige Tage nicht mal im Ansatz entschlüsselt, wie und warum das Gehirn so brillant funktioniert. Das sollte  das Geschwafel der Oligarchen und ihrer Jünger für jeden einstweilen in Perspektive setzen.

Was wir als Qualität wahrnehmen, ist ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Kommunikation, die von einem anderen Menschen kommt, den wir mögen, mit dem wir uns verbunden fühlen und dem wir schließlich vertrauen. Es ist der menschliche Faktor in unserer Wahrnehmung, auf den wir uns beziehen und auf dem wir eine Beziehung aufbauen. Selbst wenn diese Beziehung rein konsumorientiert ist. Aber auch Konsum ist eine tiefgreifende Handlung, mit der wir Entscheidungen verbinden.

Reputation? Ja – von anderen Menschen. Optik? Ja – von Menschen gestaltet. Qualität? Auf jeden Fall – von Menschen hergestellt. Oder anders: Wenn man den Kuchen aus der Fabrik mit dem Meisterwerk von Mutter oder Großmutter vergleicht, ist die Wahl klar. Wir alle wollen echte Zutaten und handgemachte Qualität, der wir vertrauen können. Hergestellt von Menschen, denen wir vertrauen. Menschen, die ihren Verstand, ihre Hände und Werkzeuge einsetzen. Menschen. Nicht Maschinen. Früher nannten wir es hausgemacht. Bald werden wir es menschengemacht nennen.

Caroline Cadwalladr hat übrigens ihren Prozess gegen die Datenkraken verloren.

Kategorien: Featured, Marketing

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