You only get better by playing.

Buddy Rich

Musik ist ein zentraler Bestandteil unseres emotionalen Haushalts. Rhythmus umso mehr, der ist Ur-Instnkt.

Festgestellt habe ich das, als sich bei Platzkonzerten der Jugendmusikschul-Big-Band die meisten Kinder in Gruppen neben oder in der Nähe des Schlagzeugs aufhielten. Erst später wurde mir klar, dass Schlagzeug am ehesten visuell und vor allem emotional erfasst werden kann. Man begreift sofort, was passiert und wie es funktioniert. Alle anderen Instrumente verlangen Notenlesen, kaum sichtbare Fingerfertigkeiten. Der Drummer dagegen haut auf Trommeln und Becken, er spielt laut oder leise und diktiert die Dynamik eines Lieds, oft auch des gesamten Konzerts.

Wusste ich alles nicht, als ich mit 4 Jahren auf allem trommelte was im Haushalt verfügbar war. Also in erster Linie in der Küche. Wohl auch deshalb, um die Nerven meiner Mutter zu schonen, bekam ich eine Trommel. In den Folgejahren gab es zu jedem Geschenke-Anlass einen weiteren Baustein, das Schlagzeug war schnell beisammen.

Ilja Albrecht Drumset Studio

Das Spielen habe ich von den Beatles, also von Ringo Starr gelernt. Noten sind eines, Spielgefühl ist essentiell. Technik erlernt man am besten auf spielerische Weise. Eine Sprache lernt man in erster Linie in durch reale Kommunikation mit Menschen und nur unterstützend in Form von Grammatik. Musik spielt man. Idealerweise zusammen mit Musikern oder eben mit der Schallplatte.

So habe ich mit den Beatles, den Stones, Pink Floyd, ELO, Queen, Toto, The Police, Peter Gabriel und durch meine Eltern auch mit Santana oder Wolfgang Dauner getrommelt. Es gibt keine bessere Schule.

Natürlich ist Unterricht wichtig, ohne Frage: Notierungen helfen beim Verstehen und Erlernen von Schlagtechniken. Und doch übt man diese dann nicht im stillen Raum, sondern spielt das Ganze zu einem guten Song. Disco und elektronische Musik waren perfekte Backgrounds für Flams und Doppel-Bassdrum Clinics. Wie gesagt, nichts ersetzt oder ist auch nur annähernd so wichtig wie das Spielgefühl. Das lernt man nicht durch theoretisches Studium oder Marathonsitzungen im schallgedämmter Einzelhaft. Man lernt es durch Zuhören und Nachahmung. Genauso, wie wir sprechen lernen.

Beim Spielen mit der Musik lernt man vor allem eines: Dynamik und das von den Experten. Warum braucht ein Song rhythmische Struktur (Charlie Watts), wann braucht ein Song welchen Groove (Jeff Porcaro), wann braucht er Drive (Stewart Copeland), wann Eleganz (Manu Katché). Und wie funktioniert überhaupt rhythmische Dynamik ? Letztere erklärte uns Omar Hakim, der seine Geschwindigkeit innerhalb eines einzigen Taktes (richtig: 1,2,3,4) nach dem ersten Beat reduzierte, dann innehielt und von Beat 3-4 wieder aufnahm. Hakim ist übrigens kein Drum-Physiker. Viele kennen ihn ohne es zu wissen: Er spielte das gesamte Dire Straits Album Brothers in Arms ein. In gerade mal zwei Tagen.

Während meiner Kindheit war die Bühne das Kinderzimmer und die ausgeliehene HiFi-Anlage der Eltern das Mischpult. Einige Jahre und diverse explodierte Hochtöner später dann Musikschule, Big Band, die erste Schülerband, Jazzkurs im Frankfurter Konservatorium. Irgendwann dann zum Studium nach Berlin und ab in die Musikszene. Es gab zwar weder vor dem Mauerfall noch danach genug Proberäume, ich hatte diesbezüglich aber enormes Glück. Und ab da lernte ich unglaublich viel: Noch mehr über Dynamiken in der Musik und vor allem innerhalb der Band: Musiker-Persönlichkeiten und Befindlichkeiten. Aber auch die enorme Wichtigkeit und der unglaubliche Kick des Live-Gigs. Produktion und Sound-Design… einfach alles.

„I love being a drummer. Everyone thinks you’re dumb. What they don’t realise is that if it weren’t for you, their band would suck.“
Dave Grohl

Durch meinen ersten Studi-Job in Joachim Flebbes Filmkult-Laden lernte ich einen Bassisten kennen, der mich in ein LP-Projekt eines bei der Polydor unter Vertrag stehenden Sängers mitnahm. Und schon ging es ins Studio, auf die Bühne und sogar zu einem TV-Auftritt bei RTL Samstagnacht. Super-spannend, stilistisch jedoch eher eine Art deutscher Kuschelrock. Daher musste schnellstens – es waren die 90er und harte Musik war angesagt – ein Projekt mit mehr Kick her. Die Bunten Hunde waren ein wundervolles Team: Rock/Funk/Pop-Grooves, Funk-Bass, Lukather-Style Gitarre, gute Keys und ein charismatischer Berliner Jung am Mikrofon bescherten uns coole Konzerte in den Berliner Clubs, spezielle im musikalisch erwachenden Berliner Osten.

Allerdings kamen wir ein paar Jahre zu früh. Deutsch singen durften nur die Granden und die Fantastischen Vier. Als die Musikindustrie endlich die deutsche Sprache wiederentdeckte, waren wir alle längst über alle Berge und im Job. Und das war gut so . Profi werden und den ganzen Tag Schlagzeug spielen wollte ich ohnehin nie. Anfang der 90er durfte ich als Bühnentechniker im Haus der Kulturen der Welt den fantastischen Vinnie Colaiuta betreuen. Ein, wenn nicht der absolute Traum für jeden Drummer. Aber: Colaiuta ist auch deshalb an der Weltspitze, weil er seine Drumsticks nur zum Essen aus der Hand legt. Der Rest ist Techniktraining, Studio- und Livemusik und all das 24/7. Muss man wollen, und das Umfeld muss es ertragen. Ich wollte es nicht.

Hier auf Malta existiert eine kleine, sehr feine und gut vernetzte Musikszene. Dazu muss man wissen, dass ein kreatives Hobby wie Malerei oder Musik auf Malta quer durch die Gesellschaft hoch angesehen, der Aufwand respektiert und gefördert wird. Ich unterhielt mich bei einer Unternehmens-Präsentation seinerzeit mit dem damaligen Premierminister Gonzi über einen Teen in seiner Familie und den Unterschied zwischen Death und Doom Metal – und der Mann kannte sich aus. Outet man sich in Deutschland gegenüber einem Politiker oder Top-Manager als Musiker, gilt man ab dann als fahrendes Volk.

Seit 15 Jahren spiele ich in Cover-Bands, die gute und bekannte Lieder von den 60ies über die funky 70ies bis zu Pop, Rock, Alternative und gute Chart-Hits neu interpretieren, hier und da auch mal fusionieren: Superstitious von Stevie Wonder funktioniert prima über Riff und Groove von Rage Against The Machine. Das Portfolio ist also recht breit gestreut.

Dazu gab es ein tolles Album-Projekt mit meiner Band CitzenOne, das durch den Covid-Lockdown ein jähes Ende fand. Zwei Expats unter uns wollten zurück in die Heimat. Der Keyboarder zur Familie nach Finnland, unsere amerikanische Sängerin glaubte, die USA würden am professionellsten mit der Pandemie umgehen.

Well…

Ilja Albrecht - Musik - Playing the drums
Ein paar Auszüge aus dem Bandcamp Portfolio.

Music for posterity. Seitdem ich ab Studium und bis heute in Bands spiele, waren wir im Studio. In Berlin die Bunten Hunde mit einem Mix aus Fanta4 und Chili-Peppers auf Deutsch. Und dann uf Malta, mit einem eher soften, vorproduzierten Pop- Album.